MARKETING NEWS
Drei Herausforderungen in einer immer komplexeren Marketingwelt – ADZINE
Die Komplexität zeigt sich allein an der Menge der Plattformen und Formaten, die aktuell bedient werden wollen. Die Zeit, in der sich vom Jugendlichen bis zur Großmutter alle bei Facebook treffen, ist vorbei. Eine Analyse der Klickrate und der Preise von Facebook-Anzeigen in den letzten Jahren zeigt, dass der Sweet Spot auf der Plattform für Werbekunden 2016 erreicht wurde. Anzeigen wurden in der Folge teurer und immer weniger häufig geklickt. Das Engagement findet nun woanders statt: Laut Socialbakers erreicht Instagram mehr Menschen als die “große” Konzernschwester und auch Snapchat sowie Tiktok verzeichnen steigende Nutzerzahlen. Der Hype um Clubhouse zeigt, dass Nutzerzahlen und Engagement sogar innerhalb weniger Tage auf einer Plattform hochschnellen können. Zudem haben traditionelle News-Publisher in der aktuellen Krise durch ihre Glaubwürdigkeit an Engagement gewonnen. Fast alle Verlage vermelden Digitalaborekorde und auch jüngere Zielgruppen informieren sich stärker bei diesen vertrauenswürdigen Primärmedien.
Damit einher geht die Herausforderung, Kampagnen über mehrere Plattformen ausspielen zu müssen, die Inhalte gleichzeitig aber möglichst individuell zu gestalten. Die Creative-Abteilungen arbeiten unter Volllast, weil kontinuierlich Stories, Videos und andere Formate erstellt werden müssen. Bei der Kampagnenausspielung kann vor allemeine zielgruppen- und plattformspezifische Ansprache den entscheidenden Performance-Gewinn bringen. Besonders geeignet ist hier die programmatische Buchung. Idealerweise wählen Marketer dafür Plattformen, die das Post-Click-Engagement in den Bid-Prozess miteinbeziehen und somit die Performance verbessern. Bid-Management-Tools und Plattformen, die auch bei einer Direktbuchung automatische Bid-Anpassungen ermöglichen, sorgen für weitere Effizienzgewinne. Mit Tools für eine regelbasierte Ausspielung von Anzeigen auf Basis von Entscheidungsbäumen oder bestimmter Events wird die Customer Journey weiter personalisiert.
Marketer arbeiten zudem schon jahrelang mit dem Paradox, dass Kunden nicht mit Anzeigen gestört werden wollen, sich aber nur durch diese Störung Aufmerksamkeit schaffen lässt. Die Bestrebungen der Coalition for Better Ads und Browser, die Popups standardmäßig blocken, haben bereits für das Aussterben der aus User-Sicht schlimmsten “Störer” gesorgt. Gleichzeitig haben die nativ eingebunden Anzeigen auf Search-Plattformen und in Social Networks den Weg geebnet für ein anderes Verständnis vom digitalen Marketing: Relevanz und Kontext sind entscheidend für den Werbeerfolg, statt Push-Marketing ist Pull-Marketing gefragt. Marketer erzielen auch auf Social Networks gute Awareness-Ergebnisse, ohne dass die Formate besonders störend wirken. Sie wird schließlich nicht durch möglichst aufwendige Formate generiert, sondern über die passgenauen Inhalte, die aufgrund der individuellen Relevanz zu längeren Betrachtungszeiten führen.
Dies geschieht vor allem in Feeds. Nicht nur setzen fast alle Social-Plattformen auf diese User Experience, auch im Open Web sind Feeds, in dem sich Anzeigen und redaktioneller Content einbetten, mittlerweile Standard. Feeds werden immer mehr zum Betriebssystem der Webseitenbetreiber – auch, weil zum Teil über die Hälfte der User nicht mehr über die Homepage, sondern direkt über Social oder Search auf Artikelseiten gelangen. Ihnen dann eine große Auswahl an Themen zu präsentieren, ist der Schlüssel für eine effiziente Monetarisierung und die Erhöhung der Verweildauer. Ein Format, das mittlerweile als Standard betrachtet wird, zeigt, wie Feeds Innovationen im Bereich der Formate fördern: Carousel Ads funktionieren nur auf Mobile und sie machen sich Möglichkeiten zur Interaktivität zunutze. Doch das ist erst der Anfang. Direkt in Anzeigen integrierte Shopping-Funktionen sehen wir bereits auf Social Feeds. Marketer müssen sich dieser neuen “Advertising Experience” bewusst werden und diese Art des Entdeckens neuer Inhalte im Web berücksichtigen.
Simon Peel, Senior Director Global Media bei Adidas, fasste vor einiger Zeit die Herausforderungen des Sportriesen bei der Attribuierung von Online-Verkäufen zusammen. Die SEM-Maßnahmen boten auf Begriffe, die auch organisch eine hohe Klickrate erzielen würden. Sie zeigten zwar einen hohen ROAS, über diese Effizienz wurden aber klassische Branding-Maßnahmen vergessen.
Im Idealfall werden beide Teile einer ganzheitlichen Marketing-Strategie, also Branding und Performance, nicht getrennt voneinander betrachtet, was sich auch auf die KPIs auswirkt. Selbst Top-of-Funnel- und Prospecting-Kampagnen können um Performance-KPIs erweitert werden. Gleichzeitig sollte die direkte Messbarkeit nicht zu einem zu großen Fokus auf Performance verleiten, nur um die Effizienz der eigenen Maßnahmen zu belegen. Natürlich darf an dieser Stelle die Tracking-Thematik nicht unterschlagen werden. iOS 14 und Third-Party-Cookies sind das Thema der Stunde. Auch wenn die schlimmsten Szenarien wohl nicht eintreten werden und alternative Lösungen auf dem Weg sind, werden Marketer sich in den nächsten Monaten mit neuen Systemen auseinandersetzen müssen.
Im gleichen Maß wie die Effizienz stieg auch die Komplexität im Online-Marketing. Auch wenn Algorithmen und immer intelligentere Plattformen Werbetreibenden bereits heute viel Arbeit abnehmen, werden Marketer weiterhin smart und dynamisch die richtigen Maßnahmen ergreifen, neue Plattformen entdecken und unbekannte Wege beim Tracking beschreiten müssen, um in dieser Komplexität weiterhin herausragende Ergebnisse erzielen zu können.