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Aufregung über „Wind-Impfungen“ in Brasilien

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Aufregung über „Wind-Impfungen“ in Brasilien

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Stand: 27.02.2021 23:39 Uhr

Bislang sind es Einzelfälle in Brasilien, doch die sorgen für Schlagzeilen: Patienten haben dort Corona-Impfungen bekommen, in denen gar kein Impfstoff war. Auch in anderen Ländern Südamerikas läuft es schlecht – mit einer Ausnahme.

Von Ivo Marusczyk,
ARD-Studio Buenos Aires

Von „Wind-Impfungen“ sprechen Zeitungen und Nachrichtenportale in Brasilien: Betagte Menschen sind offenbar nur zum Schein gegen Covid-19 geimpft worden. Die Senioren bekamen zwar den Piks in den Oberarm, doch die Impfhelfer drückten den Kolben der Spritze nicht herunter – entweder war gar nichts in der Spritze oder der Impfstoff wurde nicht injiziert. Es geht um Einzelfälle, doch einige sind ziemlich eindeutig.

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Ivo Marusczyk
ARD-Studio Buenos Aires

Videos belegen Scheinimpfungen

In Brasilien sind Auto-Impfstraßen weit verbreitet. Die Patienten bleiben im Auto sitzen, die Spritze wird durch die offene Tür verabreicht. Die Angehörigen filmen das gern vom Fahrersitz aus, was wiederum die Impfhelfer oft gar nicht sehen können. So tauchten in den vergangenen Tagen immer wieder Videos auf, die die „Wind-Impfungen“ belegen.

In Rio de Janeiro, in São Paulo, in Goiania, Maceió und in Manaus im Amazonasgebiet wurden demnach Scheinimpfungen gesetzt. In brasilianischen Medien findet man Berichte über gut ein Dutzend Fälle. Einige Patienten wurden sofort nochmal geimpft, weil die „Wind-Impfung“ auffiel. Wobei der Begriff in die Irre führt, denn natürlich wird den Patienten keine Luft injiziert.

In Brasilien werden Impfungen oft im Auto verabreicht – nicht selten filmen oder fotografieren Angehörige dabei. So wurden auch Fälle von Scheinimpfungen dokumentiert.

Bild: dpa

Eine leere Spritze, weil die Dosis verloren gegangen war

In Petrópolis hat eine Krankenschwester eine solche Scheimimpfung zugegeben. Sie habe völlig übermüdet einen Fehler gemacht, dadurch sei eine Impfdosis verloren gegangen. Um das zu verschleiern, habe sie eine Seniorin nur zum Schein geimpft und eine leere Spritze verwendet. Die Polizei hält diese Darstellung für glaubhaft. Jedenfalls gebe es in diesem Fall keine Hinweise dafür, dass Impfdosen unterschlagen oder beiseite geschafft worden seien. Genau dieser Verdacht steht im Raum.

Auch in Südamerika gelten noch strenge Priorisierungsregeln: Nur Menschen bestimmter Altersgruppen werden geimpft. Dass „Impfdrängler“ versuchen, an die begehrte Spritze zu kommen, obwohl sie noch gar nicht an der Reihe sind, liegt nahe. Zumal in Südamerika allzu oft gilt, dass man Regeln leicht umgehen kann, wenn der Preis stimmt.

„Impfdrängler“-Skandale in mehreren Ländern Südamerikas

Beweise für einen Impf-Schwarzmarkt gibt es bislang aber noch nicht. Handfeste „Impfdrängler“-Skandale gab es allerdings schon in mehreren Ländern Südamerikas. In Peru mussten die Außen- und die Gesundheitsministerin zurücktreten, weil sie sich vorzeitig impfen ließen. In Ecuador stolperte Gesundheitsminister Zevallos über Vetternwirtschaft beim Impfen: Er hatte dafür gesorgt, dass Verwandte und Freunde Impfdosen erhielten. In Argentinien hatte Gesundheitsminister Ginés García seinen politischen Freunden eine Vorzugsimpfung ermöglicht.

Spitzenbeamte aus seinem Ministerium und ein mit García befreundeter Journalist wurden geimpft. Ebenso der mächtige Gewerkschaftsboss Hugo Moyano, der gleich noch seine Frau und seinen 20-jährigen Sohn immunisieren ließ – unter fadenscheinigen Begründungen. García musste ebenfalls zurücktreten.

Argentiniens Gesundheitsminister Garcia musste wegen des „Impfdrängler“-Skandals zurücktreten.

Bild: AFP

Keine Senioren-, sondern eine Jugendgruppe

Der Skandal zieht noch weitere Kreise: In Büros der „Cámpora“, einer politischen Organisation der regierenden Peronisten, sollen Impfungen verabreicht worden sein. Die „Cámpora“ ist allerdings keine Senioren-, sondern eine Jugendgruppe. Nach unbestätigten Berichten sollen in Argentinien Impfdosen unter der Hand für 50.000 Pesos angeboten worden sein, das wären gut 280 Euro zum Schwarzmarktkurs.

Sicher ist, dass die regulären Impfungen in ganz Südamerika nur stockend vorankommen. Argentinien hat für 44 Millionen Einwohnern bis jetzt gut zwei Millionen Impfdosen bekommen. In Brasilien mussten viele Städte ihre Impfkampagnen unterbrechen, weil kein Nachschub ankommt.

Eine Ausnahme ist Chile: Dort hat die Impfkampagne erst am 3. Februar begonnen. Aber jetzt legt das Land ein erstaunliches Tempo vor. Mittlerweile ist ein Sechstel der Bevölkerung geimpft, damit hat Chile inzwischen sogar die USA überholt – zumindest, wenn man die Quote der Erstimpfungen betrachtet.

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