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Bund und Länder: Ein bisschen Lockdown, ein bisschen Öffnung
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Analyse
Stand: 04.03.2021 03:55 Uhr
Nach stundenlangen Beratungen haben sich der Bund und die Länder auf einen komplizierten Kompromiss verständigt. Der Lockdown wird bis zum 28. März verlängert – doch schon vorher gibt es einige Öffnungsmöglichkeiten.
Von Kristin Becker,
ARD-Hauptstadtstudio
Es ist eine knappe halbe Stunde vor Mitternacht, als die Kanzlerin flankiert von Berlins regierendem Bürgermeister Michael Müller und dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder vor die Presse tritt. Ein langer Tag, ein zähes Ringen, eine müde Kanzlerin, die versucht, Zuversicht auszustrahlen.
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Kristin Becker
ARD-Hauptstadtstudio
@kbecker
„Es waren harte Verhandlungen“ sagt sie, nun habe man ein „Konzept der Verlässlichkeit, ein Konzept des schrittweisen Vorgehens.“ Was sie und die Ministerpräsidenten nach der Videokonferenz mit den Bundesländern vorlegen, ist ein Stufenplan, der Lockerungen etwa in Handel, Sport und Kultur vorsieht – abhängig von einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz. Michael Müller zeigt dazu fast stolz auf einem DIN-A4-Blatt die Öffnungsschritte, kompakt und überschaubar also.
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Kanzleramt gibt nach
Nur ganz so einfach ist es dann doch nicht. Angedacht war im Kanzleramt eigentlich, ab einer Inzidenz von unter 35 mit wenigen Auflagen, zwischen 35 bis 100 mit höheren Auflagen zu lockern. Und ab 100 wieder zu schließen. Am Ende dieses langen Tages ist aus der 35 allerdings eine 50 geworden, also eine Zahl, die deutlich näher an der aktuellen bundesweiten Durchschnittsinzidenz liegt – und damit für viele Bundesländer und Regionen in greifbarer Nähe.
Und dass, obwohl die Infektionszahlen derzeit kaum noch runtergehen. „Das Ganze kann ich vertreten dadurch, dass die 100 als Notbremse vereinbart ist“, verteidigt sich die als vorsichtig bekannte Regierungschefin. Und sie sagt das K-Wort: „Wir wollten ja auch einen Kompromiss finden.“
Ein Kompromiss mit vielen Fragezeichen
Der Kompromiss ist da und die Fragezeichen auch. Wie kriegt man Lockdown und Lockerung unter einen Hut? Man hört das Unbehagen, die Sorge, bei Angela Merkel tatsächlich nur leicht an diesem Abend. Zahlen jenseits der 50 seien „eine sehr gefährliche Zone“, aber man habe einen Puffer, „weil wir auf die neuen Testmöglichkeiten vertrauen.“
Als Mahner an ihrer Seite präsentiert sich einmal mehr Markus Söder. Es gehe durchaus um „große Öffnungen“ in einigen Bereichen. Er habe kein schlechtes Gewissen, aber „Sorgen und Bedenken“. Dabei hat Söder längst – und vor vielen anderen – in seinem Bundesland die Baumärkte, Blumenläden und Kosmetikstudios bereits diese Woche wieder öffnen lassen. Obwohl Bayern bei den Coronazahlen vielerorts noch rot sieht.
Hoffen auf die Schnelltests
Nun sollen es die Schnelltests richten und möglichst überall Pandemieerleichterungen bringen. Stundenlang diskutierten die Länderchefs und -chefinnen mit der Kanzlerin deshalb nicht nur über das Impfen, sondern auch über die Teststrategie. Missverständnisse und Irritationen machten die Runde. Es habe zunächst nicht jeder den Unterschied zwischen Schnelltests und Selbsttests verstanden, heißt es von den einen. Deshalb habe man das nochmal durchgehen müssen. Der Bund hätte in den vergangenen Wochen falsche Erwartungen geweckt, sagen andere, und das habe für Unmut gesorgt. Am Ende ist zumindest klar, ein kostenloser Schnelltest pro Person und pro Woche ist drin und soll ab 8. März vom Bund bezahlt werden.
Wird das dann aber wirklich nächste Woche schon flächendeckend klappen? Es herrscht verkapptes Schulterzucken. „Das werden wir sehen, wie sich das vielleicht weiterentwickeln muss“, meint Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller und betont, im Bildungsbereich habe man das in seiner Stadt schon umfassend organisiert, aber das Testangebot werde gar nicht so nachgefragt wie erwartet.
Auch in Bayern sei die „Annahme der Schnelltests bislang nicht so hoch, wie man denkt“, sekundiert Markus Söder. Sprich: die Leute wollten gar nicht so sehr. Söder macht aber zugleich deutlich, dass für großräumiges Freitesten in vielen Bereichen die Kapazitäten aus seiner Sicht eben doch noch nicht reichten.
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„Monat des Übergangs“
Für die Kanzlerin sind vor allem die unkomplizierteren Selbsttests zukunftsweisend. Anders als die bisherigen Schnelltests sind die derzeit aber größtenteils wohl noch Mangelware. Man werde sie jetzt „Zug um Zug beschaffen“. Und, das sagt Merkel auch klar, wer ins Theater, ins Kino oder auf eine Veranstaltung will mit einem Testergebnis, müsse sich dieses auch zertifizieren lassen.
„Wir wollen und müssen Perspektive und Hoffnung geben“, fasst Michael Müller die Öffnungsschritte zusammen. Über das mögliche Anrollen einer dritten Welle fallen nur Nebensätze. Der März, so formuliert es Markus Söder mehrfach, sei ein „Monat des Übergangs“. Dabei klingt durch, dass das für ihn vieles bedeuten kann. Das nächste Bund-Länder-Treffen soll am 22. März stattfinden.
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