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Bundespräsident Steinmeier: „Neue Regierung braucht viel Mut“
Stand: 04.07.2021 17:46 Uhr
Bundespräsident Steinmeier sieht die künftige Bundesregierung vor großen Herausforderungen. Im ZDF mahnte er, den Wahlkampf nicht zu einer Schlammschlacht verkommen zu lassen – und die Menschen bei Veränderungen mitzunehmen.
Angesichts des enormen politischen und gesellschaftlichen Veränderungsbedarfs im Kampf gegen den Klimawandel trägt die künftige deutsche Regierung nach Überzeugung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine immense Verantwortung. „Da ist viel Mut erforderlich für diejenigen, die nach dem September Regierungsverantwortung übernehmen“, sagte Steinmeier in einem Interview mit der ZDF-Sendung „Berlin direkt“, das am Sonntagabend ausgestrahlt wird.
Insbesondere mit Blick auf den Klimaschutz sagte er: „Wir werden uns ganz stark verändern müssen.“ Er verwies zugleich auch auf Herausforderungen wie die Bewältigung der Folgen der weltweiten Corona-Pandemie und die dynamisch voranschreitende Digitalisierung. Zusammengenommen stellten diese Entwicklungen eine gewaltige Herausforderung dar, die alle Bereiche umfasse.
Bundespräsident Steinmeier sieht zukünftige Regierung vor großen Herausforderungen
Kirsten Girschick, ARD Berlin, tagesschau 20:00 Uhr, 4.7.2021
„Transformation der Gesellschaft“
Das Ziel einer Klimaneutralität etwa erfordere nicht weniger als eine „Transformation der Gesellschaft“, sagte der Bundespräsident. Betroffen seien alle gesellschaftlichen Sektoren von Wohnen und Bauen über die Mobilität bis hin zu Schulen und Landwirtschaft. Die Dynamik der Veränderung werde dabei enorm sein. „Alles das unterschätzen wir, glaube ich“, fügte er an.
Steinmeier mahnte die Politik dabei auch vor einer Überforderung der Gesellschaft. Erfolgreiche Klimaschutzpolitik müsse sich in einem „strategischen Dreieck“ aus effektivem Klimaschutz, einer funktionierenden Wirtschaft und gesellschaftlichem Zusammenhalt bewegen. Innerhalb dieser Konstellation müssten auf dem Weg zur Klimaneutralität „die entscheidenden Weichen“ gestellt werden, „ohne die Gesellschaft auf diesem Weg zu verlieren“, betonte der Bundespräsident.
Steinmeier will noch nicht öffentlich mahnen
Mit Bezug auf den Bundestagswahlkampf rief Steinmeier die Parteien im Bundestagswahlkampf zu „Maß und Vernunft“ auf. Er wisse, dass das Klima in Wahlkämpfen rauer sei als außerhalb von Wahlkämpfen, sagte er auf die Frage, ob man auf dem Weg in eine Schlammschlacht im Wahlkampf sei. „Ich habe Sorge, dass es eine Schlammschlacht werden könnte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, glaube ich, ist es noch nicht der Punkt, an dem der Bundespräsident öffentlich mahnen muss.“
Auf Nachfrage, ob er das tun würde, sagte Steinmeier. „Das, glaube ich, wissen die Menschen von mir.“ Er habe oft genug gesagt, dass eine Voraussetzung funktionierender Demokratie sei, „dass man Maß und Vernunft walten lässt, und das gilt auch in Wahlkämpfen“.
Die Parteien seien immer wieder daran zu erinnern, dass in der auf Koalitionen angewiesenen deutschen Demokratie bei jedem Wort und Satz daran gedacht werden müsse, dass man möglicherweise hinterher wieder gemeinsam am Tisch sitzen und gemeinsam Verantwortung tragen müsse, sagte Steinmeier.
Hintergrund sind zum einen Angriffe auf die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock unter anderem wegen Plagiatsvorwürfen. Zum anderen hatte der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer dem Kanzlerkandidaten der Union, Armin Laschet, eine Mitverantwortung für die Hitze-Toten in Kanada gegeben.
Durchwachsene Bilanz der Corona-Politik
Was die deutsche Corona-Politik betrifft, zog Steinmeier eine durchwachsene Bilanz. „Wir sind sicherlich nicht Weltmeister bei der Pandemiebekämpfung, aber wir sind mit ganz großer Sicherheit auch nicht Klassenletzter.“ Positiv hervor hob er, dass der erste Impfstoff in Deutschland entwickelt wurde. Genauso, dass das Gesundheitssystem standgehalten und die Arbeitslosigkeit nicht signifikant angestiegen sei. „Ich glaube, die Politik hat nicht versagt.“
Wanderung im Harz
Steinmeier setzte zudem seine Wanderung entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze fort. Unter dem Motto „#schrittfürschritt“ will sich der Präsident dabei über die Erfahrungen der Menschen in der Pandemie informieren.
Dabei rief er die Deutschen auf, sich von den Diskussionen um die Corona-Politik nicht spalten zu lassen. „Es gab Zeiten, in denen waren wir nicht nur durch Hygiene-Regeln zu Abstand gezwungen, sondern es gab auch Zeiten, in denen wir uns auf Grund dieser Debatten etwas voneinander entfernt haben“, sagte Steinmeier im Harz. Schritt für Schritt werde Deutschland nun hoffentlich aus der Krise kommen und sich dabei wieder aufeinander zubewegen.
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Kevin Legeti
04.07.2021 • 23:13 Uhr
@ Schweriner1965
Ich bin froh das es außer der AfD eine Partei gibt, die das macht, und nicht alle Maßnahmen als alternativlos vor die Nase setzt. Mit anderen Worten, ein harmloser und bisschen weichgespülter Populismus.