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CDU in Sachsen-Anhalt: Dann eben mit Laschet
Analyse
Stand: 21.04.2021 18:56 Uhr
Sachsen-Anhalts CDU ist der vielleicht eigenwilligste Landesverband der Partei. Vor der Wahl im Juni ist die Stimmung angespannt – nicht nur, weil die Landes-CDU Söder wollte, aber Laschet bekam.
Es läuft nicht gut für die CDU in Sachsen-Anhalt. Die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes? Wollte man nicht. Armin Laschet als Kanzlerkandidaten? Lieber Markus Söder. Binnen weniger Stunden bekommt man nun beides vorgesetzt.
Der selbstbewusste Landesverband wurde keine zwei Monate vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ausgebremst. Dabei geht es dort um viel, für alle Beteiligten. Die Wahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni ist der letzte Stimmungstest vor der Bundestagswahl. Und die AfD vor Ort hat durchaus realistische Chancen, stärkste Kraft zu werden. Das wäre bundesweit ein Novum und würde die Landes-CDU innerlich zerrütten.
Dass führende Vertreter der CDU Sachsen-Anhalt in der Vergangenheit offen über Formen der Zusammenarbeit nachdachten, hat die Lage keineswegs entschärft. Im Gegenteil.
Sehnsucht nach einem Macher
Auch deshalb hatten ihre Vertretenden am Montagabend die Bedrohung durch die AfD in die Waagschale geworfen, um im Bundesvorstand eine Mehrheit für Söder herzustellen. Der würde zumindest die „Sehnsucht nach einem Macher“ erfüllen, wie ein Landtagsabgeordneter später analysierte.
Genützt hat es nichts. Die Reihen schlossen sich allerdings schnell wieder. Man will sich hinter den Kandidaten stellen, heißt es seit Dienstag. Der Landesvorsitzende Sven Schulze betont den angeblich guten Kontakt zu Laschet. Der wiederum sagt, Ministerpräsident Reiner Haseloff habe eine „absolute Integrität“ wie nur wenige andere. Haseloff hatte sich am Montag offen für Söder ausgesprochen.
Auffällig ist nur: Viele wollen jetzt, dass Laschet das Gespräch mit der Landespartei sucht. Das soll er auch bereits angeboten haben. Von Wahlkampfauftritten vor dem 6. Juni ist allerdings nichts zu hören. Laschet, so der Eindruck, soll sich eher raushalten.
Wenn nicht Söder, dann Laschet plus Merz
Der Frust sitzt tief und geht mindestens zurück bis zu den zwei Wahlen um den Parteivorsitz der Bundes-CDU. In Sachsen-Anhalt hatten man beide Male mehrheitlich Friedrich Merz unterstützt, beide Male ohne Erfolg. Jetzt fühlen sich einige ignoriert.
„Ich habe das Gefühl, dass in Berlin keiner weiß, wo Sachsen-Anhalt liegt“, sagt etwa der Landtagsabgeordnete Guido Heuer. Am Dienstagmorgen hatte Heuer getwittert: „Unsere CDU erstickt in verkrusteten Strukturen“, die Parteieliten hätten die Basis einmal mehr düpiert.
Von Heuer, aber auch Schulze erklingt dann auch prompt der erneute Ruf nach eben jenem Merz. Laschet solle ihn in sein Team einbinden. Bei Merz soll man damit gepunktet haben, von Laschet wiederum ist bislang keine Reaktion bekannt. Ob mit einem Merz an zweiter oder dritter Stelle aber der CDU in Sachsen-Anhalt wirklich geholfen ist, bleibt zumindest fraglich. Die Probleme sind auch hausgemacht.
Die CDU hat es zugelassen, dass ein Einzug der FDP in den Magdeburger Landtag wahrscheinlich scheint, ein Einzug der Freien Wähler zumindest nicht ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall dürfte sich noch nach der Stabilität der ungeliebten Kenia-Koalition zurücksehnen.
Angriffe richten sich gegen Grüne
Doch statt den „stärksten Gegner“ (Laschet über die AfD), greift man lieber den eigenen Koalitionspartner an. Die Grünen wollten das „Dorfauto für alle“, wird die Drohkulisse aufgemacht. Zum eigenen Programm fällt den Kandidierenden hingegen oft nur ein, dass die CDU für „Maß und Mitte“ stehe. Man setzt vor allem auf Ministerpräsident Haseloff und hofft auf einen Amtsinhaberbonus.
Sollte der nicht zünden, wünscht sich Anna Kreye, Vorsitzende der Jungen Union in Sachsen-Anhalt, dass aus Berlin „keine blöde Reaktion“ nach der Landtagswahl komme. Kreye war es, die Laschet bei der entscheidenden Bundesvorstandssitzung am Montagabend sagte: „Sie wären ein guter Kanzlerkandidat, aber nicht bis zur Wahl in Sachsen-Anhalt.“
Ob die stärkste Gefahr für die CDU in Sachsen-Anhalt wirklich nur von rechts droht, ist bislang nicht gesetzt. Die vom Landesverfassungsschutz beobachtete AfD fährt seit Monaten einen Anti-Lockdown-Kurs. Auf ihren Kundgebungen sammelt sich aber bestenfalls ein Bruchteil jener Hunderter, die die Partei noch vor der Wahl 2016 auf die Marktplätze zog. Der Corona-Protest scheint in ihrem Fall bei Weitem nicht so stark zu mobilisieren wie die Migrationskrise. Zumindest das könnte Sachsen-Anhalts CDU Hoffnung geben.
Die Stimmung an der Basis der Unionsparteien
Julia Grünwald, MDR, tagesthemen 22:30 Uhr, 20.4.2021
