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Corona-Proteste: Verfassungsschutz warnt vor neuem Extremismus
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Der Verfassungsschutz hat die Corona-Proteste analysiert. Nach Informationen von WDR, NDR und SZ warnt der Inlandsgeheimdienst vor der Entstehung einer neuen Form des Extremismus.
Von Florian Flade, WDR, und Georg Mascolo, NDR/WDR
Es ist eine Frage, die Sicherheitsbehörden wie politische Entscheidungsträger derzeit gleichermaßen umtreibt: Wer marschiert da mit bei den Demos gegen die Corona-Maßnahmen? Welche Rolle spielen Extremisten dabei? Wie gefährlich ist der Protest, bei dem es immer öfter auch zu Gewalt kommt?
Als sich die Innenminister aus Bund und Ländern im Juni trafen, kamen sie überein, dass man darüber dringend mehr wissen müsse – vor allem, ob aus dem Unmut der Demonstrierenden womöglich eine Gefahr für die innere Sicherheit des Landes erwächst. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bekam daher den Auftrag, ein Sonderlagebild „Gefahren- und Risikopotenzial insbesondere durch Extremisten und fremde Dienste“ zu erstellen.
Nach Recherchen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ ist das Papier nun fertig. Es umfasst 37 Seiten und soll bei der nächsten Innenministerkonferenz am 10. Dezember beraten werden. Mehrere Verfassungsschutzämter, darunter die Behörden in Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern, haben in den vergangenen Monaten unter Federführung des BfV in einer „länderoffenen Arbeitsgruppe“ die Corona-Demonstrationen analysiert.
Keine Abgrenzung zu Extremisten
Dabei kommen die Verfassungsschützer zu der Einschätzung, dass es sich nach wie vor um ein „heterogenes Protestfeld“ handele, bei dem unterschiedliche Akteure zu beobachten seien – zunehmend auch Rechtsextremisten, sogenannte „Reichsbürger“ und Verschwörungsideologien unterschiedlichster Ausprägung. „Demonstrationen und Kleinkundgebungen“, so allerdings die zentrale Feststellung, würden „in der Mehrheit von nichtextremistischen Akteuren organisiert und frequentiert“.
Auffällig sei allerdings, dass es bei den Veranstaltungen inzwischen regelmäßig zu einer „Vermischung nichtextremistischer und extremistischer Akteure“ komme. Bei vielen Demonstranten finde keine inhaltliche oder räumliche Abgrenzung zu Rechtsextremisten oder „Reichsbürgern“ mehr statt. Extremistische Aussagen oder Teilnehmer würden entweder „verleugnet oder als unproblematisch“ bewertet. Ein Phänomen, das auch von Vertretern der Polizei immer wieder beschrieben wird. Gewaltbereite Hooligans und Neonazis würden teilweise Seite an Seite mit bürgerlichen Aktivisten marschieren, die immer öfter auch Kinder mit zu den Demonstrationen bringen.
In den rechtsextremistischen und verschwörungsmythologischen Szenen gebe es zahlreiche verbindende Elemente, die bei den Demonstrationen gegen staatliche Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus nun verstärkt zum Tragen kämen – etwa die „Elitenfeindlichkeit“, der ausgeprägte Antisemitismus, der Glaube an eine „Neue Weltordnung“, die Legende vom „Großen Austausch“ der Bevölkerung oder von „Zwangsimpfungen“.
Hinzu kämen inzwischen neue Phänomene, wie etwa die „QAnon“-Bewegung. Deren Anhänger glauben an einen vermeintlichen „Deep State“, an elitäre Zirkel, die in geheimen Militäranlagen und unterirdischen Anlagen Kinder missbrauchen und ermorden würden. „Die Theorie verbreitet sich auch im deutschsprachigen digitalen Raum, vor allem durch eine Vielzahl von Homepages, Blogs und Youtube-Kanäle, deren Reichweite aber weder zu quantifizieren noch zu qualifizieren ist“, heißt es im Lagebild des Verfassungsschutzes.
Neuer Extremismus aus dem Internet?
Die Verfassungsschützer warnen in ihrem Papier zudem vor der möglichen Entstehung eines neuen Extremismus, eines „Extremismus sui generis“, durch die rasante Vermischung unterschiedlicher Ideologien und Weltansichten. „Ein Extremismus, der nicht unter die im Verfassungsschutzverbund geläufigen Phänomenbereiche fällt“, wie es in der Analyse heißt. Man müsse daher nicht nur die „Unterwanderung“ der Corona-Proteste durch bekannte Extremisten in den Blick nehmen, sondern auch der Frage nachgehen, inwieweit bereits eine neue Extremismusform „insbesondere über das als Informations- und Sozialisationsraum fungierende Internet“ entstanden sei. Nur so könne man Gefahren frühzeitig erkennen.
Ein „ausgeprägter Glaube an Verschwörungstheorien“ könne „die Bereitschaft zu kriminellen Handlungen fördern“. Ihren Anhängern lieferten sie „Rechtfertigungsansätze“, so würden dann etwa „Angriffe auf Regierungseinrichtungen“ als Akte der „Selbstverteidigung“ begriffen.
Keine gerichtete Kampagne aus Russland
Zum Auftrag der Arbeitsgruppe gehörte es auch festzustellen, ob ausländische Staaten die Corona-Proteste in Deutschland anheizen und ausnutzen. In Bezug auf Russland heißt es, das Land verbreite auch Falschinformationen, insgesamt habe „Desinformation und Propaganda fremder Mächte“ die im Mai 2020 zunächst nachgelassen hätten, jetzt wieder deutlich zugenommen. Aber in Bezug auf Russland sei „eine komplexe, gegen Deutschland gerichtete Desinformationskampagne bezüglich der Covid-19-Pandemie“ nicht zu erkennen. China sei vor allem daran interessiert, seine Rolle als „Ursprungsland des Virus“ in Zweifel zu ziehen und die eigene Bewältigung der Gesundheitskrise zu loben.
Die Prognose der Verfassungsschützer zu den zukünftigen Entwicklungen und Handlungsempfehlungen fällt indes ernüchternd aus. Es zeichne sich eine „höchst dynamische Situation“ ab, deren Verlauf „nur schwer prognostizierbar“ sei, heißt es dazu in dem Papier, das die Innenminister nächste Woche vorgelegt bekommen sollen. Und: „Eine Befassung der Sicherheitsbehörden allein reicht nicht aus, um der Thematik in Gänze Herr zu werden.“ Vielmehr sei es eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.
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