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FAQ zu Impfkampagne in Deutschland: Warum so langsam?
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Es hagelt Kritik an der Bundesregierung, weil die Impfungen in Deutschland nur langsam vorankommen. Sind die Vorwürfe berechtigt? Und wie könnte sich das ändern? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Von Sandra Stalinski, tagesschau.de
Gibt es ein „Impfchaos“ in Deutschland?
Kritik an einem „schleppenden Impfbeginn“ in Deutschland kommt aus unterschiedlichen Richtungen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sprach im ARD-Morgenmagazin von „chaotischen Zuständen“. Deutschland stehe „viel schlechter da als andere Länder“. Es sei zu wenig Impfstoff bestellt worden und gebe „kaum vorbereitete Strategien mit den Bundesländern zusammen“. Ähnlich äußerten sich unter anderem Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitspolitiker anderer Parteien.
Auch die Leopoldina-Forscherin Frauke Zipp hatte zuvor die Bestellstrategie der Bundesregierung scharf kritisiert. Sie sprach in einem Zeitungsinterview von „grobem Versagen der Verantwortlichen“ und fragte, warum man nicht im Sommer mehr Impfstoff auf Risiko bestellt habe. Gesundheitsminister Jens Spahn verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung in einem Interview mit der „Rheinischen Post“: „Das Problem ist nicht die bestellte Menge. Wir haben genug bestellt. Das Problem ist die geringe Produktionskapazität zu Beginn – bei weltweit extrem hoher Nachfrage.“ Dass es am Anfang knapp sein würde, sei klar gewesen.
1,3 Millionen Impfdosen seien wie vereinbart bis Ende 2020 ausgeliefert worden, heißt es von der Bundesregierung, am 8. Januar kämen 870.000 dazu. Bis Ende Januar erwartet Spahn vier Millionen Impfdosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs. Die Zulassung des Moderna-Impfstoffes steht unmittelbar bevor. Für Deutschland sind davon insgesamt 50 Millionen Dosen über die EU gesichert. Über weitere Dosen wird bereits national verhandelt.
Von Impfchaos könne keine Rede sein, sagen verschiedene Gesundheitsbehörden der Länder auf Anfrage von tagesschau.de. Das Problem sei allein der knappe Impfstoff. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagt, die Strategie, in Europa gemeinsam Impfstoff zu bestellen sei richtig gewesen. Allerdings sei die EU mit zu wenig Geld in die Verhandlungen gegangen, habe zu lange verhandelt und auf die falschen Pferde gesetzt. „Wäre Moderna beispielsweise ein französischer Impfstoff, hätten wir sicher noch mehr bestellt“, sagt Lauterbach im Gespräch mit tagesschau.de. In Fachkreisen sei früh klar gewesen, dass das ein sehr guter Impfstoff wird. Stattdessen hätten nationale Überlegungen eine Rolle gespielt, was eigentlich nicht hätte sein dürfen.
Warum kommen die Impfungen so langsam voran?
Knapp 266.000 Impfdosen sind laut Robert Koch-Institut (RKI) bis jetzt bundesweit verimpft worden (Stand 04.01.). Nicht gerade viel, wenn man bedenkt, dass bereits 1,3 Millionen Impfdosen zur Verfügung stehen. „Mit der Entscheidung, zuerst in Pflegeheimen zu impfen, war klar, dass es langsamer losgeht. Dort müssen mobile Teams eingesetzt werden, das ist aufwändiger als im Impfzentrum“, erklärt Spahn in der „Rheinischen Post“. Er sei aber zuversichtlich, dass noch im Januar allen Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen ein Impfangebot bekämen. Wenn viele sich impfen ließen, habe die Pandemie schon einen Teil ihres Schreckens verloren.
Ein weiterer Grund für die Diskrepanz dürfte sein: Weil zur vollständigen Wirksamkeit der Impfung jeder zweimal geimpft werden muss, halten die Länder die Hälfte des Impfstoffs zurück, um in jedem Fall genügend Dosen für die zweite Impfung zu haben. Dieses Vorgehen entspricht einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko).
Die Länder erklären die bislang geringen Zahlen vor allem mit der mangelnden Verfügbarkeit des Impfstoffs. In Berlin beispielsweise ist – neben den 60 mobilen Impfteams – erst eins der insgesamt sechs Impfzentren in Betrieb, weil nicht genügend Impfstoff da ist, um auch in den anderen Zentren zu starten. Dort wurden – gemäß der vorgegebenen Impfreihenfolge – zunächst Einladungen an die über 90-Jährigen verschickt. Für alle anderen mache die Einladung noch keinen Sinn, sagt der zuständige Impfkoordinator Albrecht Broemme im Gespräch mit tagesschau.de: „Wir können nicht mehr impfen als wir Impfstoff haben.“
Ähnlich verhält es sich in Bayern. Dort gäbe es Potenzial für 38.000 Impfungen am Tag an sieben Tagen die Woche, heißt es aus dem bayerischen Gesundheitsministerium. Laut Angaben des RKI konnten dort bislang aber erst gut 66.000 Menschen geimpft werden. Allerdings erfasst die RKI-Statistik die Zahlen mit einer gewissen Verzögerung. Laut bayerischem Gesundheitsministerium sind bereits etwas über 70.000 Menschen geimpft.
Wie komme ich an einen Impftermin?
Jedes Bundesland hat für sich geregelt, wie die Termine für Impfungen vergeben werden. In den meisten Ländern werden Menschen mit Impfberechtigung zunächst angeschrieben und können dann telefonisch oder online Termine vereinbaren. In Bayern beispielsweise werden die über 80-Jährigen, die nicht in einem Heim leben per Brief informiert und können telefonisch über die 116 117 Termine machen. Per Postleitzahlabfrage werden sie direkt mit dem zuständigen Impfzentrum verbunden. Zudem gibt es eine eigene Online-Plattform.
Auch in Berlin erfolgt die Einladung zunächst schriftlich, Termine werden mittels Code per Telefon oder online gebucht, ähnlich verläuft es in Bremen.
In Hamburg startet das Impfzentrum in den Messehallen am Dienstag, auch hier ist eine Terminvereinbarung vorab online oder telefonisch notwendig. In Hessen starten die Impfzentren voraussichtlich ab 19. Januar. In Rheinland-Pfalz beginnt die Terminvergabe ab 4. Januar über die Hotline 0800-5758100 oder über die Internetseite impftermin.rlp.de.
Kann der Impfprozess nicht beschleunigt werden?
Tatsächlich wird derzeit geprüft, ob die Verfügbarkeit der Impfdosen nicht kurzfristig erhöht werden kann, indem man den zeitlichen Abstand zwischen der ersten und der zweiten Impfung verlängert. Laut Zulassung muss die zweite Impfdosis maximal 42 Tage nach der ersten gegeben werden. In Großbritannien wird das bereits so gehandhabt. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat nun die Stiko gebeten, eine Empfehlung in dieser Frage zu erarbeiten, heißt es in einem Papier, das auch dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Eine solche Entscheidung in Abweichung von der Zulassung bedürfe einer vertieften wissenschaftlichen Betrachtung und Abwägung.
Zudem strebt Biontech eine Verdoppelung der Produktionskapazität an. Dazu diene insbesondere der Kauf und die Herrichtung eines Impfstoff-Werkes in Marburg, heißt es in dem Papier. Das Land Hessen und das Paul-Ehrlich-Institut als Bundesoberbehörde wollen das Unternehmen bestmöglich begleiten und beraten, um einen zügigen Produktionsstart noch im Februar 2021 möglich zu machen.
Wird der Impfstoff für Deutschland ausreichen?
Die entscheidende Frage ist, wie schnell wie viel Impfstoff zur Verfügung steht. Die europäischen Zulassungsbehörden und das Paul-Ehrlich-Institut prüfen derzeit auch die Daten von AstraZeneca. Deren Impfstoff ist in Großbritannien bereits freigegeben.
Insgesamt hat Deutschland über die EU 55,8 Millionen Dosen vom Biontech-Impfstoff sowie eine gesicherte Option auf weitere 30 Millionen Dosen national. Zusammen mit dem Moderna-Impfstoff erhält Deutschland sicher 136,3 Millionen Dosen im Jahr 2021, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Von den noch nicht zugelassenen Impfstoffen hat sich Deutschland von CureVac über die EU 42 Millionen Dosen gesichert, sowie 20 Millionen Dosen national. Von AstraZeneca sind über die EU 56,2 Millionen Dosen bestellt, von Johnson&Johnson 37,25 Millionen Dosen. Sollten all diese Impfstoffe zugelassen werden, wären das mehr als 300 Millionen Dosen.
Bis es so weit ist, wird es auch innerhalb Deutschlands noch um die Verteilung gehen. Der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher hatte kritisiert, dass beispielsweise für Hamburg nicht genügend Impfdosen berechnet wurden. Da prioritär Beschäftigte im Gesundheitswesen über ihre Arbeitgeber geimpft würden, würden die für die 1,85 Millionen Hamburger veranschlagten Impfdosen nicht ausreichen. Da das medizinische Personal auch im Umland wohne, sei der Bedarf in der Hansestadt entsprechend höher. Es müsse also über eine Umverteilung innerhalb Deutschlands diskutiert werden, die über die reine Zuteilung nach Bevölkerungszahl hinausgeht.
Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 04. Januar 2021 um 22:45 Uhr.
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