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Impfen im Akkord – ein Besuch in Berlins größtem Impfzentrum
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Reportage
Stand: 02.02.2021 10:37 Uhr
Draußen vor dem Berliner Impfzentrum ist es hektisch, viele Nerven liegen blank. Im Inneren läuft es dagegen nach Plan. 1300 Menschen werden hier täglich geimpft – es könnten viel mehr sein.
Die Taxischlange an der Arena im Berliner Stadtteil Treptow ist meterlang. Seit dem Morgen bringen die Fahrer fast im Sekundentakt die meist älteren Berliner bis zum Eingang der Halle. „Die Nerven liegen blank“, sagt Christel Wiebeck, die mit ihrer 90-jährigen Mutter in der klirrenden Kälte auf einen Shuttle wartet. „In der Halle hat alles mit der Impfung bestens geklappt, aber hier draußen ist es einfach nur chaotisch“.
Ihre Mutter hört und sieht nicht mehr besonders gut. Sie hat heute aber schon die zweite Vakzin-Dosis des Herstellers BioNTech/Pfizer bekommen und diese insgesamt sehr gut vertragen. Was sie nicht so gut vertrage, sei das herumstehen, sagt die Tochter. Doch der Shuttle kommt nicht zu ihnen durch.
Wettlauf gegen die Zeit
Mehrmals am Tag kommt es zu kleineren Auseinandersetzungen unter den Taxifahrern. Auch die Polizei muss eingreifen. Manchmal reicht aber eine simple Aufforderung: „Jetzt machen Sie doch einfach mal den Weg frei!“ – und der Stau löst sich erst einmal auf. Es ist hektisch, es scheint wie ein Wettlauf mit der Zeit, bevor sich die mutierten Virus-Varianten noch weiter in Berlin ausbreiten.
Kurz vor dem vergangenen Wochenende ist nach der Mutante aus Großbritannien auch jene aus Südafrika das erste Mal in der Hauptstadt nachgewiesen worden. Sie gelten als infektiöser als das Ursprungsvirus und könnten auch aggressiver sein. Doch viel ist über sie immer noch nicht bekannt. Inzwischen sind diese neuartigen Virus-Varianten bereits mehr als 150 Mal in Deutschland nachgewiesen worden. Es wird aber eine große Dunkelziffer befürchtet, da hierzulande zu wenig positive Proben entsprechend untersucht werden.
Warten aufs Taxi: Vor dem Impfzentrum in der Treptow Arena, die jetzt Impfzentrum ist.
Bild: Iris Marx
Impfstraße statt Partyzone
Im Impfzentrum wird extrem auf Hygiene geachtet, FFP2-Masken sind selbstverständlich Pflicht. Die Hektik von draußen ist im Inneren erstmal vorbei. Für jeden Patienten steht ein sogenannter Guide zur Verfügung, der bei der Anmeldung hilft. Danach geht es in einen Raum, wo per Video die erste Aufklärung erfolgt. Danach dürfen die Patienten in die sogenannte Impfstraße. Fast 80 kleine Kabinen gibt es, die aber nur teilweise belegt sind. Gerade impfen in den Einzelkabinen 30 Ärzte.
Sechs dieser Zentren gibt es in der Hauptstadt. Zwei davon betreibt das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Arena ist eines davon. Eine Mehrzweckhalle, in der normalerweise große Partys und Konzerte gefeiert werden. „Belebt ist die Arena auch jetzt, nur anders. Wir sind wahrscheinlich das größte Impfzentrum in Deutschland“ sagt der Berliner DRK-Präsident Mario Czaja zu tagesschau.de.
„Wir schaffen hier pro Tag um die 1300 Impfungen“, erklärt Czaja. Man könne es auch auf 5000 aufstocken – wenn es denn genügend Impfstoff gäbe. Doch der bleibt zumindest im ersten Quartal knapp, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller ernüchternd im Anschluss an das Bund-Länder-Fachgespräch zur Impfstoffversorgung. Der vorhandene wird in der Arena umso kostbarer behandelt.
„Impfstoff ist eine echte Diva“
„Erst wenn die Patienten am Eingang registriert sind, wird das Vakzin aus der extra Kühlung genommen und vorbereitet“, erläutert Czaja. Der Impfstoff sei eine echte Diva. Daher erfordere jeder Schritt ausgebildetes Personal. Das Fläschchen muss zehnmal vorsichtig hin und her gewendet werden, bevor es in die Spritze aufgezogen werden kann. Und dann muss es ganz schnell gehen, damit bloß nichts von dem wertvollen Stoff verloren geht.
Wo das Vakzin in der Halle aufbewahrt wird und wann der nächste Stoff kommt, ist streng geheim: „Wir haben Hinweise auf Anschläge von Impfgegnern und sind daher sehr vorsichtig“, sagt der DRK-Mann.
„Wir schaffen hier pro Tag um die 1300 Impfungen“: Berliner DRK-Präsident Mario Czaja
Bild: dpa
„Hauptsache, es wirkt“
Die Bedenken von Impfgegnern sind in dieser Halle kaum ein Thema. Der 87-jährige Klaus Täubert will nicht einmal wissen, welches Vakzin er hier verabreicht bekommt. „Hauptsache, es wirkt.“ Corona mache ihm zwar keine Angst, aber „man will in meinem Alter ja nur einen friedlichen Tod haben“. Nach der Impfung kann er sich noch eine halbe Stunde in einen abgetrennten Bereich setzen, um sich zu erholen. Es gäbe selten Auffälligkeiten, betont Czaja: „Oft sind es nur leichte Rötungen an der Einstichstelle“.
Techno-DJ als Hilfskraft
Es sind vor allem viele junge und auch tätowierte Leute, die den älteren Menschen helfen, sich in der riesigen Halle zurecht zu finden. Haito Göpfrisch ist einer von ihnen. „Guter Slide“, ruft Göpfrisch anerkennend einem älteren Herren im Rollstuhl zu, der gerade wartende Patienten an der Taxischlange überholt.
Göpfrisch ist eigentlich Techno-DJ. „Ich arbeite viel in China“, erzählt er, aber im Moment gehe das ja nicht. „Und hier sind total viele aus dem Nachtleben, die einfach mitanpacken. Ich bin nicht der einzige DJ.“ Göpfrisch koordiniert die Taxis und gibt zu dass das gerade eine Schwachstelle sei. Der flotte Herr im Rollstuhl hat es derweil etwas schneller in ein Taxi geschafft. Er scheint die Impfung offensichtlich ganz gut vertragen zu haben.
Haito Göpfrisch hilft im Impfzentrum. Eigentlich ist er Techno-DJ.
Bild: Iris Marx
Hoffen auf mehr Impfstoff
Wie lange in diesem Tempo hier weitergeimpft werden kann? Czaja gibt sich bei der Frage zuversichtlich: „Die bereits vereinbarten Termine können wir mit den zugesagten Impfdosen problemlos einhalten“, betont Czaja. „Klar würden wir gerne noch mehr verimpfen.“ Aber er weiß, dass daraus erstmal nichts wird. Etwas Hoffnung schöpft Czaja aus den gerade neu zugesagten zusätzlichen Dosen: „Jede weitere Impfungen gibt die Aussicht auf einen normaleren Alltag. Und das bedeutet für viele Ältere vor allem weniger Einsamkeit.“
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