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Maas zum Fall Nawalny: „Eine weitere Nebelkerze aus Moskau“
Nach der Nawalny-Vergiftung wird der Ton zwischen Deutschland und Russland rauer. Im Bericht aus Berlin forderte Außenminister Maas erneut, der Kreml solle bei der Aufklärung des Falls mitwirken – und verteidigte sich gegen Vorwürfe aus Moskau.
Die Vergiftung des russischen Kremlkritikers Alexej Nawalny stellt die ohnehin schon angespannten Beziehungen zwischen Moskau und Berlin auf eine harte Probe. Im Bericht aus Berlin wiederholte Außenminister Heiko Maas die Forderung an die russische Regierung, bei der Aufklärung des Falls zu helfen. „Russland muss sich an der Aufklärung beteiligen. Bislang ist das überhaupt nicht der Fall“, sagte Maas.
Maas weist Vorwürfe aus Moskau zurück
Auf Vorwürfe, die Bundesregierung selbst würde die Ermittlungen behindern, reagierte Maas mit Unverständnis. Man habe einem russischen Rechtshilfeersuchen schon längst zugestimmt. „Das haben wir auch, als wir in der letzten Woche ein Gespräch mit dem russischen Botschafter geführt haben, ihm auf Nachfrage gesagt“, so der Außenminister. Es gebe auch keinen Grund, diesem nicht zuzustimmen. „Insofern ist das eine weitere Nebelkerze, von denen wir in den letzten Tagen schon einige gesehen haben. Und ich befürchte, es wird in den nächsten Tagen noch andere geben“, sagte er im Bericht aus Berlin.
Zuvor hatte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der deutschen Seite vorgeworfen, die Ermittlungen im Fall Nawalny zu bremsen. Eine Anfrage der Generalstaatsanwaltschaft sei bislang nicht beantwortet worden.
Was wird aus Nord Stream 2?
Außenminister Maas will nun auf europäischer Ebene über eine mögliche Reaktion und Konsequenzen beraten.
Auch die Gaspipeline Nord Stream 2 spielt in diesem Zusammenhang weiter eine Rolle. Es gebe nach wie vor gute Gründe für diese Pipeline. Dennoch sei es falsch, von vornherein auszuschließen, dass der Fall Nawalny überhaupt Auswirkung auf das Projekt habe, so Maas. In der „Bild am Sonntag“ hatte der Minister bereits erklärt, er hoffe, dass Russland Deutschland nicht zwinge, seine Position bei Nord Stream 2 zu überdenken.
Noch deutlicher wurde CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Verteidigungsministerin zeigte sich offen für Sanktionen gegen Russland, auch was die Gaspipeline betrifft. „Ich habe immer gesagt, dass Nord Stream 2 für mich kein Herzensprojekt ist“, sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters. „Für mich war dabei immer klar, dass die berechtigten Sicherheitsinteressen der mittelosteuropäischen Staaten und der Ukraine berücksichtigt werden müssen.“ Was jetzt weiter passiere, hänge vom Verhalten der russischen Seite ab.
Vorbehalte gegen einen Stopp
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hat dagegen starke Vorbehalte gegen einen Stopp von Nord Stream 2. Er sei sich mit Außenminister Maas einig, dass wirksame Sanktionen diskutiert werden müssten, sagte er im ZDF. Diese müssten aber zielgerichtet sein.
Nord Stream 2 sei ein Infrastrukturprojekt, das zu 90 Prozent fertig sei und den eigenen Versorgungsoptionen diene, betonte Walter-Borjans. Sanktionen müssten vorrangig auf andere Bereiche zielen, zum Beispiel auf den Handel oder auf Persönlichkeiten, „die in diesem Regime tätig sind“.
Der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Michael Harms, sagte in der tagesschau, seit 50 Jahre gebe es „absolut verlässliche Energiebeziehungen“ mit Russland. Auch in den schwierigsten politischen Phasen sei aus gutem Grund daran festgehalten worden. „Ich empfehle das auch diesmal“, sagte Harms.
Nawalny im August ins Koma gefallen
Nawalny gilt als der schärfste Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin. Er fiel im August bei einem Inlandsflug in Russland ins Koma. Zunächst wurde er in einem Krankenhaus in Sibirien behandelt. Nach internationalem Druck und auf Drängen seiner Familie wurde er in die Berliner Charité verlegt.
In Deutschland hatte ein Spezial-Labor der Bundeswehr festgestellt, dass Nawalny mit dem militärischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Russland bestreitet, in den Fall verwickelt zu sein.