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Merkel in den USA: Besuch bei Nummer vier

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Merkel in den USA: Besuch bei Nummer vier

Stand: 15.07.2021 06:00 Uhr

Eine ihrer letzten Auslandsreisen als Kanzlerin führt Merkel zu US-Präsident Biden. Sie kennen sich bereits von früher. Wer wie Merkel 16 Jahre im Amt ist, bekommt es zwangsläufig mit mehreren US-Präsidenten zu tun.

Von Christian Feld,
ARD-Hauptstadtstudio Berlin

Wenn Angela Merkel diesmal das Weiße Haus besucht, empfängt sie der bereits vierte Hausherr während ihrer 16-jährigen Amtszeit als Bundeskanzlerin. Joe Biden ist dennoch für sie kein Unbekannter. Die beiden kennen sich aus seiner Zeit als Obamas Vizepräsident.

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Christian Feld
ARD-Hauptstadtstudio

Merkels Washington-Trip ist eine ihrer letzten Auslandsreisen. Doch geplant sind mehr als nur schöne Bilder, ein Abendessen und ein wehmütiges Farewell.

Es gibt handfeste politische Probleme zu lösen. Beispiel: Die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 missfällt auch der neuen US-Regierung. Allerdings hat Biden klar gemacht, dass das Projekt dem Neustart der deutsch-amerikanischen Beziehungen nicht im Weg stehen soll. Sanktionen gegen den Bau hat er zunächst ausgesetzt, obwohl Republikaner und Demokraten im Kongress gänzlich anderer Meinung sind.

Biden geht hier also in Vorleistung. Hat die deutsche Kanzlerin etwas im Gepäck, um dem Präsidenten ihrerseits entgegenzukommen? Oder muss er warten, bis in Deutschland nach der Bundestagswahl die Machtverhältnisse neu sortiert sind?

Signal als Oppositionschefin an George W. Bush

Wer wie Merkel fast 16 Jahre als Kanzlerin regiert, bekommt es zwangsläufig mit mehreren US-Präsidenten zu tun, weil deren Amtszeit auf maximal acht Jahre begrenzt ist. Ihrem „ersten“ Präsidenten, George W. Bush, schickte sie ein Signal, als sie selbst noch Oppositionsführerin im Bundestag war. „Schröder spricht nicht für alle Deutschen“ war im Februar 2003 ihr Artikel in der „Washington Post“ überschrieben, mit dem sich Merkel von der ablehnenden Position des damaligen Bundeskanzlers zum Irak-Krieg abgrenzen wollte.

Doch auch Bush und Merkel waren später wahrlich nicht immer einer Meinung. So stellte sie sich 2008 quer, als er der Ukraine und Georgien den Weg in die NATO mit einem konkreten Plan ebnen wollte. Hätte sich Bush durchgesetzt, hätten die späteren Konflikte in den Ländern die NATO in eine schwierige Situation gebracht. Der Widerstand der Kanzlerin sei „eine der wichtigsten Entscheidungen ihrer Amtszeit“ gewesen, urteilt der langjährige Merkel-Beobachter Ralph Bollmann in seiner gerade erschienenen Biografie.

Bush und Merkel bauten eine vertrauensvolle Beziehung auf. Das zeigen auch die Bilder vom Besuch auf der privaten Ranch in Texas. Im Interview mit der Deutschen Welle nannte er die Kanzlerin jetzt „eine mitfühlende Führungspersönlichkeit, eine Frau, die keine Angst hat, zu führen“.

Mit Obama war es nicht immer einfach

Auf Bush folgte Barack Obama. Ihre Beziehung begann mit einem Nein. Der Präsidentschaftsbewerber wollte bei seinem Berlin-Besuch 2008 eine Rede am Brandenburger Tor halten. Die Kanzlerin erlaubte das nicht. Und während viele Deutsche Obama bereitwillig als eine Art Messias sahen, hatte Merkel lange einen anderen Blick. In seinem Buch „Ein verheißenes Land“ schreibt er: „Ihr Team gab später zu, dass sie mich zunächst skeptisch betrachtet habe, gerade wegen meiner Fähigkeiten als Redner.“ Das sollte sich ändern. 2011 verlieh Obama ihr eine der beiden höchsten zivilen Auszeichnungen der USA: die Presidential Medal of Freedom.

Merkel und ihr Präsident Nummer zwei hatten über die Jahre durchaus politische Kontroversen. 2013 wurde es besonders angespannt. Plötzlich standen Vorwürfe im Raum, US-Geheimdienste hätten auch das Handy der Bundeskanzlerin im Visier gehabt. „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“, sagte sie vor einem EU-Gipfel in Brüssel in die Mikrofone. Nun müsse Vertrauen wiederhergestellt werden.

Doch über die Jahre entwickelte sich eine intensive Beziehung. 2016 ging es warmherzig zu im Kanzleramt. „Der Abschied fällt natürlich schwer“, sagte Merkel bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Und Obama gab zu Protokoll: „Ich hätte mir keine standfestere Partnerin auf der Weltbühne vorstellen können.“

Am Vorabend sprachen beide drei Stunden unter vier Augen im Hotel Adlon. Obama erzählte später seinem Berater Ben Rhodes, man habe über die anstehende Entscheidung für oder gegen eine vierte Amtszeit von Merkel gesprochen. Sie habe sich wegen des Brexits und Trump jetzt stärker verpflichtet gefühlt. War er es, der Merkel zum Weitermachen bewegte, damit sie nach der Wahl Trumps die westlichen Demokratien zusammenhält? Auch Jahre später will Merkel das in einem CNN-Interview nicht kommentieren.

Mit Trump wurde es frostig

Mit Trump im Weißen Haus änderte sich der Ton, das transatlantische Verhältnis wurde frostig. Internationale Zusammenarbeit passte nicht in das Konzept von „Amerika zuerst“. Es gab skurrile Momente: Als Trump vor Kameras davon sprach, er habe auch „Deutsches in seinem Blut“, verlor die ewig kontrollierte Bundeskanzlerin neben ihm die Kontrolle und prustete kurz los. Vor allem aber hagelte es regelmäßig und gänzlich undiplomatisch wüste Vorwürfe vom US-Präsidenten: Deutschland erfülle seine Verpflichtung in der NATO nicht. Und auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 erregte Trump.

Im Mai 2019 bekam Merkel von der renommierten Harvard Universität einen Ehrendoktortitel verliehen. In ihrer Rede vor dem Abschlussjahrgang gab sie ihre Erfahrungen weiter. „Dazu gehört, dass wir Lügen nicht Wahrheiten nennen und Wahrheiten nicht Lügen.“ Bei diesem Satz hielt es das Publikum nicht mehr auf den Stühlen. Der Name Trump fiel zwar kein einziges Mal. Doch die Rede wurde nicht nur in den USA als öffentliche Abrechnung mit dem Präsidenten gesehen.

Jetzt also Besuch bei Präsident Nummer vier. Biden verkündet, Amerika sei zurück. An der neuen deutsch-amerikanischen Freundschaft wird Merkel als Kanzlerin nur noch zeitlich begrenzt arbeiten. Aber noch ist sie im Amt.

Angela Merkels Tag in Washington
Katrin Brand, ARD Washington, 15.7.2021 · 06:08 Uhr




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