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Merkel kippt Osterruhe: „Einzig und allein mein Fehler“
Stand: 24.03.2021 14:22 Uhr
Bundeskanzlerin Merkel hat den Beschluss zu einer Osterruhe zurückgenommen. Zu viele Fragen hätten in der Kürze der Zeit nicht gelöst werden können. Die Kanzlerin übernahm die alleinige Verantwortung und bat um Verzeihung.
Die zusätzlichen Ruhetage über Ostern kommen doch nicht: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Bund-Länder-Beschluss dazu zurückgenommen. Die Idee sei mit bester Absicht entworfen worden, sagte sie. Zu viele Fragen von der Lohnfortzahlung bis zur Lage in Geschäften und Betrieben hätten aber in der Kürze der Zeit nicht so gelöst werden können, wie es nötig gewesen wäre.
„Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler“, sagte Merkel. Als Kanzlerin wolle sie die Verantwortung dafür tragen. Ein Fehler müsse als solcher benannt und vor allem korrigiert werden – „und wenn möglich, hat das noch rechtzeitig zu geschehen.“ Der ganze Vorgang habe zusätzliche Verunsicherung ausgelöst. „Das bedauere ich zutiefst, und dafür bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung.“
Kanzlerin Merkel entschuldigt sich für „Osterruhe“
Martin Schmidt, ARD Berlin, tagesschau 15:00 Uhr, 24.3.2021
„Werden das Virus besiegen“
Sie bedauere ihren Fehler umso mehr, als sich Deutschland in einer dritten Pandemiewelle befinde, so die Kanzlerin weiter. Die jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse böten aber auch so einen guten Rahmen im Kampf gegen die Pandemie. „Ich bin zutiefst davon überzeugt: Wir werden das Virus gemeinsam besiegen.“
Zuvor hatte die Kanzlerin in einer kurzfristig angesetzten Konferenz den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ihre Entscheidung mitgeteilt. Auch die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag habe sie informiert.
Was gilt jetzt an Ostern?
Neben den jetzt gestrichenen Ruhetagen stehen in dem Beschlusspapier noch viel mehr Maßnahmen. Es geht zum Beispiel um das Ziehen der sogenannten Notbremse bei zu hoher Inzidenz, ein Verbot öffentlicher Ansammlungen oder mögliche regionale Ausgangsbeschränkungen für Hotspots. All dies ist nach den Aussagen der Bundeskanzlerin nicht vom Tisch. Für die konkrete Umsetzung dieser weiteren Maßnahmen mit Blick auf Ostern sind – wie bei konkreten Corona-Beschränkungen so gut wie immer – allein die Bundesländer zuständig und verantwortlich. Was also für die Bürgerinnen und Bürger an Ostern genau gilt, muss jetzt vor Ort noch präzisiert werden. ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam
Rückhalt unter den Länderchefs
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet sagte nach der Besprechung der Regierungschefs im Landtag in Düsseldorf, alle Ministerpräsidenten müssten die Verantwortung für die Entscheidung übernehmen. Sie hätten dem Beschluss zur Osterruhe zugestimmt, sagte der CDU-Vorsitzende. Danach sei aber deutlich geworden: „Man kann nicht einen gesetzlichen Feiertag mal eben innerhalb von zehn Tagen einführen.“
Auch der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer nahm die Kanzlerin in Schutz. „Ich finde, sie muss dafür nicht die Verantwortung übernehmen. Diese Entscheidung ist von 16 Ministerpräsidenten und der Bundesregierung gemeinsam getroffen worden“, sagte er. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte mit Blick auf die Rücknahme, er wolle der Kanzlerin „noch mal meinen großen Respekt für diese Initiative zollen“.
Lindner und Bartsch fordern Vertrauensfrage
Scharfe Kritik kam dagegen aus der Opposition. FDP-Chef Christian Lindner und Linksfraktionschef Dietmar Bartsch forderten Merkel auf, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. „Die Bundeskanzlerin kann sich der geschlossenen Unterstützung ihrer Koalition nicht mehr sicher sein“, schrieb Lindner auf Twitter. „Die Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag wäre ratsam, um die Handlungsfähigkeit der Regierung von Frau Merkel zu prüfen.“
Bartsch sprach gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe von „Dilettantismus“ im Kanzleramt. Es gebe inzwischen „eine veritable Vertrauenskrise gegenüber der politischen Führung des Landes“.
AfD: „Chaos ist perfekt“
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte, Merkel übernehme die Verantwortung, aber keiner wisse, wie diese Verantwortung aussehe. „Das Chaos ist perfekt. Gestern so, heute anders, niemand weiß mehr, was gilt“, sagte sie. Die Entscheidung zeige eine „Bunkermentalität“ der Kanzlerin, die sich mit ihrer „Entourage“ vom normalen Bürger und der Arbeitswelt entfernt habe.
Die Grünen im Bundestag erklärten, sich den Forderungen nach der Vertrauensfrage nicht anzuschließen. „Das Virus lässt sich auch von populistischen Wahlkampfspielen wie der Vertrauensfrage nicht aufhalten“, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Mit Blick auf die Rücknahme der Osterruhe sagte sie: „Einen Fehler einzuräumen, verdient Respekt.“ Allerdings bleibe eine noch tiefere Vertrauenskrise. „Das Corona-Krisenmanagement der Regierung ist gescheitert.“
Kritik an den Beschlüssen
Nach den Beschlüssen der Bund-Länder-Runde in der Nacht zum Dienstag war massive Kritik an der Osterruhe laut geworden. Unmut gab es auch darüber, dass trotz fast zwölfstündiger Beratungen die Umsetzung zentraler Punkte noch offen war.
Vorgesehen war, dass der Donnerstag und Samstag Ruhetage ähnlich wie Sonn- oder Feiertage sein sollten. Am Gründonnerstag sollte das gesamte wirtschaftliche Leben ruhen, am Karsamstag lediglich der Lebensmittelhandel im engeren Sinn öffnen können.