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Missbrauchsgutachten entlastet Woelki und belastet Meisner

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Missbrauchsgutachten entlastet Woelki und belastet Meisner

Stand: 18.03.2021 12:35 Uhr

Beim Umgang mit Missbrauchsvorwürfen im Erzbistum Köln sollen vor allem Kardinal Meisner und Erzbischof Heße Pflichten verletzt haben. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues Gutachten. Kardinal Woelki wird dagegen entlastet.

Nach monatelanger Debatte ist ein Gutachten über den Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln vorgestellt worden. Es belastet unter anderem den heutigen Hamburger Erzbischof Stefan Heße, den Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und den früheren Kölner Generalvikar Norbert Feldhoff. Sie sollen bei der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe Pflichten verletzt haben.

Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbistum Köln, „Ich bin überzeugt, Handeln muss auch für Kleriker Konsequenzen haben.“
tagesschau24 11:00 Uhr , 18.3.2021

Die meisten Pflichtverletzungen stellt das Gutachten jedoch bei dem 2017 verstorbenen Kardinal Joachim Meisner fest. Auf sein Konto gehe ein Drittel aller festgestellten Pflichtverletzungen, nämlich 24, sagte der Strafrechtler Björn Gercke bei der Vorstellung seines Gutachtens. Heße werden demnach elf Pflichtverletzungen vorgeworfen. Dabei handele es sich überwiegend um nicht ordnungsgemäß bearbeitete Missbrauchsfälle. Beim Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sehe er hingegen keine Pflichtverletzungen, sagte Gercke.

Zwei Mitarbeiter sofort von Aufgaben entbunden

Woelki teilte kurz nach der Vorstellung des Gutachtens mit, dass er wegen der Beschuldigungen sowohl Schwaderlapp als auch einen weiteren Mitarbeiter vorläufig von ihren Dienstpflichten entbinde: „Daher möchte ich auch aus der Situation der Stunde heraus und auch auf der Grundlage dessen, was ich hier gerade gehört habe, die gerade Genannten, Weihbischof Schwaderlapp und Herrn Offizial Assenmacher, mit sofortiger Wirkung vorläufig von ihren Aufgaben entbinden.“

Das von Gercke angefertigte Gutachten ist bereits das zweite zum Umgang des Erzbistums mit den Missbrauchsvorwürfen. Das erste Gutachten einer Münchner Kanzlei wird von Woelki unter Verschluss gehalten, wofür er rechtliche Bedenken anführt. Dieses Verhalten hatte eine Vertrauenskrise im größten deutschen Bistum ausgelöst. 

Hinweise auf 202 Beschuldigte

Gercke stellte in seinem Gutachten Hinweise auf 202 Beschuldigte im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen fest. Das sagte er bei der Vorstellung der 800 Seiten starken Untersuchung. Es gehe um das erste Gutachten dieser Art, in dem ungeschwärzt auch die Namen von Verantwortlichen genannt würden. Zusammen mit seinem Team hatte Gercke die Kirchenakten von 1975 bis 2018 ausgewertet.

Die Opfer waren demnach mehrheitlich Jungen. Bei 63 Prozent der Beschuldigten handele es sich um Kleriker, also Priester. Die Zahl der Opfer beläuft sich auf 314. In knapp 32 Prozent der Fälle habe es sich um sexuellen Missbrauch gehandelt, in gut 15 Prozent um schweren sexuellen Missbrauch. Die anderen Fälle stuft Gercke unter anderem als Grenzverletzungen und sonstige sexuelle Verfehlungen ein.

Laut Gutachter fehlten wichtige Akten

Gercke kritisierte bei der Vorstellung seines Gutachtens die Aktenführung des Bistums als äußerst mangelhaft. „Wir haben erhebliche Mängel im Hinblick auf die Organisation des Aktenbestands sowie der Aktenführung im Erzbistum festgestellt. Wir haben bei einigen Akten den Eindruck gewonnen, dass Aktenbestandteile fehlten, da die Verfahrensführung nicht nachvollziehbar war“, sagte er. Die Auswertung der Akten habe unter anderem ergeben, „dass sich Jahrzehnte offenbar niemand getraut hat, solche Fälle zur Anzeige zu bringen“.


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