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Wahlen in der Coronakrise: Briefwahl – das neue „Normal“?

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Wahlen in der Coronakrise: Briefwahl – das neue „Normal“?

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Stand: 07.03.2021 10:11 Uhr

Wählen im Wohnzimmer statt im Wahllokal – eine Woche vor den Landtagswahlen zeichnet sich pandemiebedingt ein Rekord bei der Briefwahl ab. Das verändert Wahlkampfstrategien – auch für den Bund.

Von Corinna Emundts,
tagesschau.de

Wenn am 14. März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zwei Landtage neu gewählt werden, wird es pandemiebedingt vermutlich weniger Menschen ins Wahllokal ziehen als sonst. Zu groß könnte bei vielen die Sorge vor einer Corona-Infektion sein. Damit gewinnt die Briefwahl eine völlig neue Bedeutung. Schließlich ermöglicht sie, die eigene Wahlstimme kontaktlos abzugeben. Doch die Frage ist, wie viele Menschen ihre Stimme wirklich per Post abgeben werden. Und: Welche Parteien könnten davon profitieren?

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Corinna Emundts
tagesschau.de

@CEmundts

Briefwähleranteil über 50 Prozent?

In Rheinland-Pfalz etwa haben laut Landeswahlleitung aktuell bereits fast 37 Prozent der Stimmberechtigten von der Briefwahl Gebrauch gemacht. Dies sei gegenüber der Landtagswahl 2016 schon zum jetzigen Zeitpunkt eine deutliche Erhöhung um mehr als 14 Prozentpunkte. Werde unterstellt, dass die Wahlbeteiligung am Wahltag bei rund 70 Prozent liege, entspräche dies schon heute einem Briefwähleranteil von fast 53 Prozent. Ein Hinweis darauf, dass der ohnehin seit Jahrzehnten ungebrochene Trend zu immer mehr Briefwahl im Superwahljahr durch Corona einen neuen Schub erhält.

CDU und Grüne im Vorteil?

In den heimischen Wohnzimmern wurde bisher immer etwas anders abgestimmt als bei der Urnenwahl: Bisherige Daten deuteten darauf hin, dass CDU und Grüne dort besser abschnitten, sagt Politikwissenschaftler Uwe Jun im Gespräch mit tagesschau.de. Schaue man sich nur die Wahlergebnisse der Briefwähler an, waren es bei der CDU vor allem die älteren Wählerinnen und Wähler, die eine Teilnahme als eine Art Staatsbürgerpflicht ansehen. Bei den Grünen engagierte sich via Briefpost eine jüngere „mobile, gut gebildete Wählergruppe, welche die Wahl keinesfalls verpassen wollte“, so Jun.

Schlechtere Karten hätten bisher AfD und teilweise die SPD bei Briefwahlen gehabt – aus unterschiedlichen Gründen: Die AfD punktete unter anderem bisher bei einer eher wenig politikinteressierten Wählergruppe. Doch dieser Typus spontaner Protestwähler kümmere sich eher nicht um Briefwahlanträge im Vorfeld. Bei der SPD-Anhängerschaft sei es eine ältere Wählergruppe mit formal niedrigerem Bildungsabschluss, die zumeist der Aufwand mit dem zweifachen Postgang abschrecke.

Zu früh gefreut?

Doch CDU und Grüne können sich wegen der Aussicht auf steigende Briefwahlquoten wohl nicht automatisch bessere Wahlergebnisse erhoffen. Zum einen hätten die anderen Parteien das Problem erkannt: In Rheinland-Pfalz rufe nun gerade auch die SPD intensiv zur Briefwahl auf, so Jun. Zum anderen sei die Coronakrise eine derartige Ausnahmesituation, dass sie womöglich auch Wählerinnen und Wähler, die sonst die Briefwahl scheuten, besonders sensibilisiere.

Die SPD könnte in der Coronakrise bei der Briefwahl in strukturellen Nachteil geraten – einige aus ihrer älteren Wählerschaft gehen lieber ins Wahllokal vor Ort.

Deswegen habe die Wahlforschung „keine evidenzbasierten Daten, die über eine Mobilisierung in Ausnahmezeiten verlässlich Auskunft geben“, sagt Politologe Karl-Rudolf Korte. Auch Stefan Merz von Infratest Dimap ist eher skeptisch, ob ein Mehr an Briefwählern Ergebnisse ändern könnte. Wenn mehr Menschen die Briefwahl nutzten, hieße das noch lange nicht, dass insgesamt mehr Leute dann CDU wählten. „Es würde nur etwas ändern, wenn zusätzliche Wähler dazu kommen, die sonst gar nicht zur Wahl gehen würden“, sagt der Infratest-Wahlforscher.

Wahlkampf – mit zwei Geschwindigkeiten

Doch genau diese ungeklärten Umstände werden den Wahlkampf verändern, gerade auch den zur Bundestagswahl. Die Dramaturgie, die in den vergangenen Jahren stark auf die letzten zwei Wochen vor dem Wahltermin konzentriert war, wird vielfältiger und flexibler werden müssen. Denn es wird einerseits weiterhin die stetig größer werdende Gruppe der Unentschlossenen ohne festgelegte Parteibindung geben, die sehr kurzfristig vor der Wahl entscheiden. Anderseits werden pandemiebedingt nun eher mehr Menschen ihre Stimme bereits mehrere Wochen vor der Wahl losschicken – was der Idee eines kurzen, aber heftigen Wahlkampfes widerspricht, der sich bei den vergangenen Wahlen auf den September konzentrierte, wenn die meisten Deutschen aus den Sommerferien zurück waren.

„Die Teilung der Wählermärkte in früh und spät muss die Strategie der Mobilisierung vollkommen ändern“, sagt Korte. Für beide Wählergruppen müsse man sich etwas Adäquates überlegen – vor allem immer dafür, die eigenen Anhänger zu gewinnen. Dies sei zentral für den Wahlerfolg.

Problem für Parteien

Was sich also in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz jetzt schon zeigt, wird wohl auch für die Bundestagswahl gelten: Es gibt keinen einheitlichen Wahltermin mehr, auf den die Politik geradezu planmäßig hinarbeiten kann – mit dem bisher gefühlt entscheidenden Finale in den Tagen vor dem Wahlsonntag. Politologin Ursula Münch sieht das als große Erschwernis für die Parteien: „Weil man im Grunde zwei Wochen vor der Wahl noch nicht weiß, ob die Leute, die ich ansprechen will, schon gewählt haben oder nicht.“

Aus Kortes Sicht erhöht sich durch die Sondersituation das Gewicht der TV-Duelle, weil die meisten zu Hause direkt danach auch die Wahlunterlagen ausfüllen könnten. Allerdings kann sich auch bei der Briefwahl die Zahl der Spontan-Entscheider diesmal erhöhen, wenn sehr viel mehr Menschen auf diese Weise abstimmten. Denn auch den Wahlbrief kann man noch am Wahlsonntag im Wahllokal abgeben.

Bundeswahlleiter Georg Thiel bereitete der Trend zur Briefwahl bereits rund um die Europawahl 2019 Sorge: Sie beeinflusse die Prinzipien der geheimen und gleichen Wahl. „Die Verfassung und die darauf beruhenden Gesetze sehen die Stimmabgabe an der Urne, also am Wahlsonntag, so Grundsatz vor“. Die Politikwissenschaft sieht das gelassener und nicht als grundsätzliche Gefahr für die Demokratie: „Der Wahlakt wird wesentlich weniger symbolträchtig vollzogen“, so Jun. „Aber das ist eher eine Veränderung des demokratischen Verhaltens“, die Briefwahl erfahre einfach eine Normalisierung.

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